Ausbildung
zahlt sich aus
Ausbildung
zur Pfadfinderleiterin und zum Pfadfinderleiter - reines Freizeitvergnügen
oder doch zu etwas zu gebrauchen? Aus meiner persönlichen Berufserfahrung
...
VON
MARISA FEDRIZZI
Angeregt
durch die vielen Kommentare zum Artikel "Einstiegsseminar - Sinn oder Unsinn?"
möchte ich diesmal nicht nur den Beginn, sondern die gesamte Leiter- und
Leiterinnenausbildung beleuchten und die Frage stellen, ob sie auch beruflich
etwas bringt.
Viele
von euch werden vermutlich gleich sagen: "Na, das hängt vom Beruf ab."
Grundsätzlich stimme ich zu, allerdings lassen sich bei genauerem Hinsehen
sicherlich Vorteile für viele Berufe finden. Ich möchte aus nahe liegenden
Gründen mich als Beispiel hernehmen.
Zuatzqualifikation
"ausgebildeter Jugendleiter"
Ich
habe Handelswissenschaften studiert und mich während des Studiums über
längere Zeit als Reiseleiter durch die Lande bewegt und stationär Fremdenführungen
gemacht. Bereits hier half mir die Arbeit mit Gruppen (und glaubt mir, eine Gruppe
älterer Amerikaner unterscheidet sich schon mal gar nicht so sehr von einem
GuSp-Trupp
) sehr.
Als
ich dann mein Studium beendet hatte, suchte ich mir einen "entsprechenden"
Job. Unter 140 Bewerbern bekam ich meine jetzige Stelle, was nicht nur an meinem
Uni-Abschluss, sondern zum Teil auch an der Zuatzqualifikation "ausgebildeter
Jugendleiter" (laut Aussage des Chefs, der das Bewerbungsgespräch geführt
hat) lag. Ich arbeite nun im Konzept-, Projektmanagement mit vielen Gemeinden,
Bürgern, etc. Unsere Arbeit steht und fällt mit der Bürgerbeteiligung
- ich betreue Arbeitsgruppen, Projektgruppen und Vereine.
Speziell
im Moderations- und vor allem Motivationsbereich habe ich dementsprechend viel
zu tun. Wie schwer es ist, Leute zu ehrenamtlichem Engagement zu bewegen, wisst
ihr vermutlich alle selbst. Ich treffe auch immer wieder auf Jugendgruppen, mit
denen ich Projekte auf die Beine stelle. Dabei hilft die Pfadiausbildung enorm
- das weiß ich vor allem auch aus Gesprächen mit Kollegen, die sich
manchmal nicht ganz so leicht tun wie ich.
Kompetente
Ausbildung um wenig Geld
Ein
Beispiel kommt noch aus unserer Weiterbildungsschiene: Die Eckpfeiler unseres
Jobs sind wie gesagt Moderation, Präsentationstechniken, Motivation, Gruppendynamik,
Projektmanagement, etc. Letzteres hab ich natürlich auch an der Uni gelernt,
aber vor allem in der Organisation von Veranstaltungen bei den Pfadfindern. Vom
simplen Wochenendlager bis hin zu "anspruchsvollerem", wie beispielsweise
dem Bundeslager "b.open".
Bei
den Seminaren, die beruflich quasi "Vorschrift" sind, bemerkte ich,
wie ich viel von dem, was ich dort gehört habe, eigentlich schon "weiß".
Ein Beispiel wird mir da länger in Erinnerung bleiben: Die beiden Vortragenden
waren rhetorisch sehr schlecht (keine Übertreibung), sie waren nicht vorbereitet,
die Inhalte waren mehr als schleppend vorgebracht, kurz gesagt, die beiden Tage
waren verschwendete Zeit.
Mit
mir in diesem Seminar saß eine ehemalige Pfadfinderin, die die Woodbadge-
und Trainerausbildung absolviert hatte. Wir beide griffen dann aus "lauter
Verzweiflung" teilweise in das Seminar ein, weil wir tatsächlich mehr
Ahnung hatten als die beiden Vortragenden.
Wenn
ich daran denke, dass ein solches berufliches Seminar an die 1.000 Euro kostet,
frage ich mich, warum hier Geld beim Fenster hinausgeworfen wird. Genau die Inhalte,
die an sich vermittelt werden sollten, sind im Rahmen der Pfadfinderleiterausbildung
öfter vorgekommen und kompetenter vermittelt worden - und das um wenig Geld.
Woodbadgekurs:
Erlebnis statt Frontalunterricht
Natürlich
ist es nicht nur die Ausbildung, die es macht, sondern vor allem die Arbeit mit
euren Jugendlichen. Auch jemand, der nie eines unserer Regelseminare besucht hat,
kann natürlich ebenso von der Arbeit als Pfadileiter profitieren. Aber eins
sag ich euch: Mit der Ausbildung wird's noch viel interessanter.
Da
spreche ich vor allem den Woodbadgekurs an: Was ich da an Gruppendynamik gelernt
habe, können mir beruflich verordnete 2-Tages-Seminare nie im Leben beibringen.
Am Woodbadgekurs "erlebt" der Teilnehmer, er wird nicht im Frontalunterricht
mit schönen Theorien zugepflastert. Das muss nicht heißen, dass jeder
von seinem Woodbadgekurs das gleiche mitnimmt - das hängt stark von der Gruppen-
und Teamzusammensetzung ab.
Die
berufliche Verwendbarkeit unserer Ausbildung
Das
Arbeiten mit Gruppen lernen wir als unser "Grundhandwerkzeug". In den
verschiedenen Seminaren lernen wir unterschiedliche Planungsmethoden kennen, zielorientiertes
Denken wird in den Vordergrund gerückt - Ziele sind auch beruflich in
vielen Bereichen wichtig. Vor allem auch die Formulierung. Wir lernen so schön,
dass Ziele "meterbar" sein müssen (messbar, erreichbar, terminisierbar,
einfach und realistisch), aber sind unsere Ziele, mit denen wir zu tun haben,
das auch? Wenn man Ziele und Teilziele formuliert, können sich viele Leute
genaueres unter dem "Plan" vorstellen.
Gruppendynamik:
Wenn man weiß, wie eine Gruppe funktioniert, kann man auch mit den Problemen
leichter umgehen. Dass nicht jedes Problem gleich in der Zusammensetzung der Gruppe
oder gar beim "Moderator", sondern vielleicht in einer der "Gruppenbildungsphasen"
liegt, gibt die Möglichkeit, an der Gruppe zu arbeiten und nicht gleich sich
selbst "zur Verantwortung zu ziehen".
Organisation:
Wer als Teilnehmer schon einmal bei einem Großevent dabei war, wird nicht
immer die immense Organisation erkennen, die hinter solchen Aktionen steckt. Es
ist gar nicht verwunderlich, dass zwei Jahre vor dem Lagertermin die ersten Teamtreffen
stattfinden, dass vieles schon laufen muss, bevor die Gruppen überhaupt an
eine Lageranmeldung denken können.
Pfadiausbildug
bereichert
deinen Lebenslauf
Diese
Aufzählung könnte ich noch lange fortsetzen. Allgemein gesagt kann es
in unserer Zeit, in der der Sektor "Dienstleistungen", und hier speziell
die Bereiche Unternehmensberatung, Konzeptentwicklung, Regionalmanagement und
alles was dazu gehört, immer stärker zunehmen, gar nicht falsch sein,
im Lebenslauf die Ausbildung zum Jugendleiter anzugeben.
Nicht
nur angehende Lehrer können somit diese Ausbildung als positiv erachten.
Alle, die nur im Entferntesten mit Gruppen (und sei es als Mitarbeiter) oder einfach
nur den verschiedensten Personen zu tun haben, profitieren in jedem Fall von der
Ausbildung, die noch dazu in einer angenehmen Atmosphäre abläuft, in
der man Spaß hat und die Inhalte "erleben" kann und nicht frontal
vorgetragen bekommt.
Unsere
Ausbildung (vor allem die Woodbadgekurse) findet sogar internationale Anerkennung,
d.h. die Diplome können "richtig vorgezeigt" werden. Es ist schön,
wenn man auf Seminaren den Teilnehmern anmerkt, dass sie Lust auf mehr bekommen
haben.