Niederösterreichische Pfadfinder und Pfadfinderinnen
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Einstiegsseminar – Sinn oder Unsinn?

Das Einstiegsseminar – oft diskutiert, vielfach als zusätzliche "künstliche" Verlängerung der Ausbildung angesehen – ist nun ein Bestandteil und ein erster Schritt in der Ausbildung zum verantwortlichen Pfadfinderleiter.


Bei meinem letzten Einstiegsseminar (EIS), das ich im Herbst vergangenen Jahres leitete, kam es zu folgender Begebenheit: Im Bezirk gab es zehn Teilnehmer, die sich aufgrund der Ausschreibung angemeldet hatten. Kurz vor der Veranstaltung bekam ich einen Anruf von einem Gruppenführer, der sinngemäß meinte, dass er eigentlich nicht einsehe, dass seine Leute sich da einen ganzen Tag hinsetzen müssen. Sie seien eh schon so lange Pfadfinder, dass hier sicher nichts Neues kommen könne – ob es denn wohl möglich sei, ihnen die Bestätigung einfach so auszustellen? Er habe erst jetzt die Ausschreibung gesehen und mit "Erschrecken" festgestellt, dass das Seminar doch von 9 bis 17 Uhr dauert - das sei doch vollständige Zeitverschwendung.

Aufklärungsarbeit notwendig?

Dementsprechend sehe ich die Aufgabe dieses kleinen Kommentars darin, endlich einmal die offensichtlich teilweise notwendige "Aufklärungsarbeit" zu leisten. Die scheinbare Schwierigkeit mancher "alter Hasen", das Einstiegsseminar als sinnvoll zu empfinden, ist durchaus verständlich, "mussten" sie doch zu 90 Prozent keines besuchen. Vielen würde ein Besuch meiner Ansicht nach aber auch gar nicht schaden, um den "Neuen" ebenfalls die Sinnhaftigkeit vermitteln zu können.

Mit welcher Einstellung kommt ein "Neuer" zum EIS, der vorher von seinem Gruppenführer gehört hat, dass das eigentlich sinnlose Zeitverschwendung ist? Die Leiter der EIS haben es dann nicht mehr leicht, die Inhalte so zu vermitteln, dass diese vorgefasste Meinung von der Überzeugung abgelöst wird, doch einen interessanten Tag verbracht zu haben.

EIS-Inhalte nicht allgemein bekannt

Wenden wir uns aber den Inhalten eines solchen EIS zu, die scheinbar auch nicht wirklich allgemein bekannt sind: Beim EIS geht es definitiv nicht darum, jemandem zu erklären, was ein Pfadfinder ist. Das wissen die meisten "Teilis" ohnehin, denn sie sind größtenteils schon sehr lange bei diesem Verein. Und mit diesem Wissen wird gearbeitet.

Der "Hintergrund" ist ein wichtiger Bestandteil des EIS. Wie viele Pfadis haben in ihrer aktiven Zeit als WiWö, GuSp, CaEx, RaRo von Wesen und Ziel der PPÖ gehört, sich intensiv mit den Grundsätzen der Pfadi-Bewegung auseinandergesetzt oder auch nur ansatzweise den Sinn der 8 Schwerpunkte hinterfragt? Darf ich annehmen: Kaum jemand!

Natürlich wissen alle, dass es acht Schwerpunkte gibt, eventuell schaffen wir es sogar, ein paar Grundsätze, die irgendwann einmal aufgetaucht sind (wir sind unparteiisch, demokratisch und so weiter) zu nennen, aber geht das Wissen darüber hinaus? Wer hat sich tatsächlich einmal mit dem PPÖ-Ziel beschäftigt? Wer weiß, dass es Stufenziele gibt und jeder Schwerpunkt pro Stufe auch noch ein Ziel hat?

Überblick über alle Stufen

Viele fragen sich jetzt vielleicht: Na, das wird doch ohnehin alles in den Regelseminaren behandelt. Warum brauch' ich das noch einmal? – Weit gefehlt: Das Einstiegsseminar ist stufenübergreifend, die "restliche" Ausbildung ist stufenspezifisch (bis auf die übergreifenden Einheiten beim Aufbauseminar). Grundsätze werden ab dem Grundlagenseminar teilweise vorausgesetzt bzw. nur "angeschnitten". Dementsprechend bietet das Einstiegsseminar die beste Möglichkeit, die "allgemeinen" Dinge zu besprechen und gleichzeitig allen "Teilis" einen Überblick über alle Stufen zu geben – das bewahrt vor "Scheuklappendenken". Deswegen muss das Einstiegsseminar auch nur einmal gemacht werden, die "Regel"ausbildung dafür für jede Stufe "von vorne".

Was sind nun genau diese "allgemeinen Dinge"?
Die Inhalte sind schon seit längerer Zeit genormt (keine Sorge, das ganze ist daher nicht auf dem Mist eurer Bezirksbeauftragten gewachsen):

  • Gesetz und Versprechen
  • Ziel und Wesen der PPÖ
  • 8 Schwerpunkte
  • Roter Faden
  • Warum bin ich Pfadfinder?
  • Warum will ich Pfadfinderführer werden?
  • Verantwortung
  • Ausbildungsweg

Wenn sich manche Zweifler nun diese Inhalte ansehen, werden sie (hoffentlich) merken, dass hier einiges "neu" ist. Auch was nicht neu klingt, kann trotzdem neu sein. Natürlich beschäftigen wir uns beim Einstiegsseminar nicht mit dem "Erlernen des genauen Wortlautes des Gesetzes" ('tschuldige, wenn die Teilis das nicht können, ist in der Gruppe was schief gelaufen ...). Habt ihr aber schon mal "hinter die Kulissen" geschaut? Und genau das macht das EIS. Das formulierte Ziel lautet:

"Das Einstiegsseminar soll zu einer Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der PPÖ und deren Akzeptanz beitragen. Dabei soll der Entscheidungsprozess zur Übernahme einer Leitungsfunktion bei den PPÖ unterstützt werden."

Wer liest schon freiwillig die Verbandordnung?

Zusammenfassend möchte ich noch eines sagen:
Ich habe nun bereits eine lange Ausbildung hinter mir, bin einmal Meister, habe den Woodbadgekurs gemacht, jetzt auch das erste Trainerseminar – aber ich habe nie so viel über die anderen Stufen, geschweige denn über das Wesen und die Ziele, "gelernt", wie während der Vorbereitungen der Einstiegsseminare. Da musste ich mich das erste Mal mit dem EIS auseinandersetzen – denn auch ich gehöre zu den geschätzten 90 Prozent, die in ihrer Ausbildung keines besuchen "mussten".
Aber ganz ehrlich: Auch mir hätte es nicht geschadet – wer liest denn schon "freiwillig" die Verbandsordnung und beschäftigt sich ohne "zwingendes Seminar" mit den oben erwähnten Inhalten?

Ich hoffe, dass ich ein bisserl auf die Wichtigkeit des EIS aufmerksam machen konnte – ich würde mir wünschen, dass Gruppenführer ihren "Frischlingen" positive Inputs geben und somit auch den EIS-Leitern die Aufgabe einfacher machen.

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VON MARISA FEDRIZZI